Wahl in der Türkei

Das ZDF überschlägt sich wieder einmal mit Hetze gegen die Türkei und den Präsidenten Erdoĝan. Der Grund sind die anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Türkei und die Tatsache, dass die in Deutschland lebenden Türken bereits jetzt ihre Stimme in den Konsulaten abgeben können.

Zunächst einmal ist es doch eine sinnvolle Regelung, die Auslandstürken in den Konsulaten wählen zu lassen. Als im Ausland lebender Deutscher würde ich mir eine ähnliche Regelung für Wahlen in Deutschland wünschen, aber nein, ich muss per Post Briefwahlunterlagen aus Deutschland anfordern, die dann per Post versandt werden und ankommen oder auch nicht. Dann wird der Wahlzettel wiederum per Post nach Deutschland geschickt. Da die Wahlbehörde keinerlei Rückmeldung gibt, weiß ich nicht, ob meine Stimme rechtzeitig angekommen ist und überhaupt zählt. Nebenbei bemerkt, Nachbarn von mir aus Großbritannien müssen nicht einmal das Konsulat aufsuchen, sondern können online ihre Stimme zu den britischen Parlamentswahlen abgeben. Aber die deutsche Bürokratie scheint für pragmatische, für die Bürger einfache Lösungen unfähig zu sein.

Aber zurück zum ZDF. Dort wird schwadroniert, dass der jetzige Präsident Erdoĝan in den Umfragen zurückliegt wegen der durch seine Niedrigzinspolitik verursachten schweren Wirtschaftskrise, und dass die Opposition das alles besser machen wird und auch die vor wenigen Jahren vorgenommene Verfassungsreform rückgängig machen wird.

Schauen wir zunächst auf den letzten Punkt. Die Opposition ist ein Bündnis mehrerer Parteien unter Führung der CHP mit dem Präsidentschaftskandidaten Kemal Kılıçdaroğlu. Die CHP ist die Partei, die das Land Jahrzehnte lang ausgeplündert hat, die dafür verantwortlich ist, dass die Türkei als „der kranke Mann am Bosporus“ galt, die sich mit Korruption und mit Hilfe des Militärs und ohne Rücksicht auf die Bevölkerung an der Macht gehalten hat. Und diese Partei soll jetzt der Heilsbringer für die Türkei sein? Und sie will sogar die Verfassungsreform rückgängig machen, also wieder eine separate Militärgerichtsbarkeit einführen, das Vetorecht des Militärs in der Gesetzgebung wieder installieren, den Präsidenten von jeder Strafverfolgung freistellen, den Grundsatz, dass jedes Dekret des Präsidenten binnen 14 Tagen vom Parlament bestätigt werden muss, wieder aufheben? Da kann man der Türkei und ihren Bürgern wirklich nur wünschen, dass Kemal Kılıçdaroğlu der blasse Oppositionspolitiker bleibt, der er jetzt ist.

Aber schauen wir doch einmal auf die schwere Wirtschaftskrise in der Türkei. Als ich 2016 hierher kam, war die Türkei das Land mit der 17. größten Volkswirtschaft und es gab Prognosen, dass die Türkei in einigen Jahren auf Platz 13 liegen könnte. Tatsächlich hat das Land inzwischen Platz 11 erreicht! Irgendwie sieht eine Wirtschaftskrise anders aus.

Einige weitere Zahlen gefällig?

Staatsverschuldung in % vom BIP Ende 2022:
Deutschland 66,3%
Euro-Zone 91,5%
Türkei 31,7%

BIP-Wachstumsrate 2021
Deutschland 2,6%
Türkei 11,4%

Dann vielleicht noch einige kurze Anmerkungen zu der ach so verhängnisvollen Niedrigzinspolitik. Zunächst einmal ist das nicht „Erdoĝans Politik“, sondern es gibt auch in der Türkei einen Finanzminister, ein Parlament und eine Zentralbank (Türkiye Cumhuriyet Merkez Bankası). Dann habe ich vor gut einem Monat einen gewissen Lirabetrag für 44 Tage festgelegt zu einem Zinssatz von 24%/a. Das ist also für einige Möchtegern-Experten „Niedrigzins“?

Ich bin wirklich auf das Wahlergebnis gespannt und auf die folgenden Lügen und die Hetze des ZDF (und anderer „Qualitätsmedien“).

Holger Vorbeck Written by:

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